Schlabberlook gilt nicht als Dessous
von Jessica Bunjes
Wenn ER mit ebenso ausgewaschenem wie ausgeleiertem T-Shirt oder was sonst bestenfalls zum Rasenmähen oder TV- Fußball taugt, allabendlich erwartungsfroh ins Bett klettert, zuvor selbst bei Schneesturm noch das Fenster aufreißt, um dann auf ein wohl temperiertes, williges Frauchen im Negligé zu hoffen, das sich nach alltäglichem Jobstress und trotz Minusgraden im Schlafzimmer halbnackt auf (und nicht unter) der Decke in heißester Stimmung räkelt, kann ICH nur mut- maßen: wohl zu viel im Pay-Programm gewesen.
Da war ich auch schon. Hab Supermodels mit String und Stola mit dem Maler, Maurer und Musiker zwischen Mitternacht und Morgengrauen unermüdlich Pinsel und Hammer schwingen und dabei alle Arten von Musik machen sehen. Alle steckten überall, aber nicht zwischen Büro, Babybrei und Budenzauber. Niemand war an möglichen und unmöglichen Körperteilen behaart oder vom Alltag benebelt, schnarchte, fror oder trug Oversized-Shirts über dem (Waschbrett-) Bauch. Dafür gab es viele Strapse, sehr viel Make Up und noch mehr falsche Wimpern. Kam mir zu einer Zeit, als ich noch die „BRAVO“ abonnierte, auch recht realistisch vor.
Jetzt hingegen, wo ich in einem Alter bin, das Monats-Boxen bei Food- und Kosmetik-Stores sowie das Vorteils-Abo von Amazon-Prime den Vorzug vor post-pubertärer Jugendlektüre gönnt, weiß ich, wie Make Up und falsche Wimpern in Gesichtern aussehen, wenn Frauen damit geschlafen haben, dass das Tragen von nahezu nicht vorhandener Wäsche bei nicht entsprechenden Temperaturen zu Nierenbeckenentzündung führt und dass überhaupt das Nachtleben allenfalls am Sonnabend annähernd so ist wie im Pay-TV. Allenfalls. Annähernd. Mag bedauerlich sein, aber sonst hätte Pay-TV ja auch keine Berechtigung. Damit das Real-Life nicht gänzlich dagegen abfällt, gilt das Einhalten einiger weniger wichtiger Regeln: Wenn Mann an echter Frau Strapse sehen – und genießen – will, sollte er die Raumtemperatur keinesfalls nahe des Gefrierpunktes sinken lassen – und die Stimmung auch nicht. Bedeutet im weiteren: entweder Waschbrettbauch oder zumindest sexy Shorts von beispielsweise Hugo Boss. Schlabber-Look fällt nämlich nicht unter den Oberbegriff „Dessous“. Allenfalls Fußball-Shirt. Und das nur dann, wenn Mann mehr als nur vor dem TV Fußballer ist. Sonst? Gute Nacht!
Lehren aus dem Pay-TV
von Florian Schönberger
Wenn SIE Abend für Abend in ihrem schönsten, bis zur Jungfräulichkeit zugeknöpftem Pyjama mit besticktem Bärchenmotiv auf der Brust in ihrer Lektüre über frigide Fregatten, die die große Liebe suchen, schmökert und das abgeschminkte Gesicht im Schein der Nachtischlampe einen geisterhaften Ton annimmt – hat jemand den Exorzisten gesehen? – dann kriege sogar ich als heißblütiger Don Juan mit dem Körper eines Teddys Probleme beim Zeltaufbau im Lendenbereich. Und sollte ich doch mein Kopfkino trotz aller Widrigkeiten in Gang kriegen und sich vor meinem inneren Auge die hochwertigen Filmchen von meiner vollgerammelten Festplatte meines Computers abspielen, wird jeder Keim brutal erstickt. Stress, Migräne, Erdbeerwoche, Müdigkeit, keine Lust und überhaupt: Nö!
Sind männliche Forderungen überzogen? Sexy Dessous, hochhackige Schuhe und ein Gesichtsausdruck, der sagt: Du wilder Latin-Lover mit behaartem Rücken bist der Beste, die absolute Nummer Eins und ich zeige dir Dinge, die sich nicht mal das Pay-TV traut zu zeigen – jeden Abend. Das ist vielleicht ein Quäntchen zu viel verlangt, aber ab und zu mal sexy Wäsche zu tragen, ist für uns Männer wichtig. Begehrlichkeiten müssen geweckt werden. Allein der Anblick zeigt mir, dass ich es wert bin, verführt zu werden. Das ist wie mit den Primaten. Männer verbinden mit Sex Status. Sie machen eine Leistung daraus und wollen natürlich in der Hierarchie ganz oben stehen. Alphatiergehabe par excellence. Gewiss. Aber wir können nicht aus unserer Haut raus.
Doch wir Männer sind Jäger und haben es gelernt, geduldig zu sein, um dann den Moment umso mehr auszukosten. Eine Tugend, die Männer lernen, sobald sie das erste Mal Brüste sehen. Und im Alter kommt noch so etwas wie Verständnis und Weisheit hinzu. Er will es vielleicht nicht zugeben, aber er weiß irgendwo in seinem versauten Inneren, dass das Leben kein Porno ist. Wir sind alles keine Sexmaschinen und Supermodels. Besonders in einer schon länger andauernden Beziehung reicht es nicht mehr, im verwaschenen T-Shirt und löchriger Boxershorts ins Schlafzimmer zu kommen, um das Verlangen zu entfachen. Das kann Mann sogar noch aus dem Pay-TV lernen.