Egal, ob bei der ersten Tour 1893 oder heute – die klassische Hurtigruten Seereise beginnt in Bergen. Folgen Sie uns auf eine nahezu mystische Route.
Die Stadt Bergen in Norwegen wird auch die Stadt des flüssigen Sonnenscheins genannt. Hat der Seereisende bei seiner Ankunft einen der 117 Tage im Jahr erwischt, an dem kein Niederschlag fällt, sollte er neben einem Ausflug zur historischen Innenstadt Bryggen mit den windschiefen Holzhäusern auch einen Besuch auf einen der sieben Berge einplanen, die sich um das Stadtzentrum reihen. Von hier oben liegt einem die zweitgrößte Stadt Norwegens zu Füßen. Bei gutem Timing sieht man sein Schiff begleitet vom Nebelhorn majestätisch in den Hafen gleiten. Spätestens jetzt ist die Vorfreude kaum noch zu bändigen.
Ein bisschen gedulden müssen sich die Abenteurer aber noch, denn die zwölftägige Reise in Richtung Norden startet erst spät abends. Davor haben Passagiere Zeit, ihr Schiff im sicheren Hafen zu erkunden. Bars, Restaurants und viele gemütliche Sitzgelegenheiten verteilen sich auf die Decks. Die Standard-Kabinen verfügen über ein kleines Fenster, eine Nasszelle, einen Schreibtisch und zwei Einzelbetten. Klein, aber dennoch muss hier auf kaum etwas verzichtet werden – nur auf zu viel Schnickschnack, denn schließlich sind es Post- und keine Kreuzfahrtschiffe.
Das Abenteuer beginnt
Die Postschiffe steuern 34 Häfen an und legen dabei 2.400 Kilometer zurück und so geht es pünktlich los in Richtung Kirkenes. Vorbei geht es an der Jugendstilstadt Årlesund, dem Weltnaturerbe Geirangerfjord und Trondheim mit seinem prachtvollen Nidaros-Dom. Im Winter hüllt sich die Landschaft ins Dämmerlicht und was im Sommer noch bunt und farbenfroh leuchtete, ist nun ein faszinierendes Schauspiel aus unterschiedlichen Grauschattierungen. Wer sich für eine Reise in den Wintermonaten entscheidet, ist sowieso eher daran interessiert, was es am Abend zu sehen gibt. Mit etwas Glück und wenn das Wetter mitspielt, breiten sich über einem die Polarlichter aus. Eine Durchsage vom Kapitän lässt die Polarlicht-Jäger nach draußen strömen, in der Hoffnung einen Blick auf das Schauspiel zu werfen. Es beginnt meist mit einem schwachen Flimmern in einem zarten Grün, bis sich daraus ein strahlendes Smaragdgrün entwickelt – bei besonders guten Bedingungen mischen sich auch Rot und Blau in das faszinierende Farbenspiel am Himmel. Bei diesem Anblick wird einem schnell klar, warum die Wikinger glaubten, dass dies ein Zeichen für eine große Schlacht war, die irgendwo auf der Welt geschlagen wurde.

Die 2400 Kilometer lange Route ist vor allem bei Polarlichtjägern beliebt. Die klassische Hurtigruten Seereise startet in Bergen, der Stadt des flüssigen Sonnenscheins.
Insgesamt 34 Häfen werden von den Postschiffen angesteuert.
Weiter in Richtung Norden
Mit dem Passieren des Polarkreises werden die Tage im Winter noch etwas kürzer. In der Dämmerung ragen die bis zu 1.000 Meter hohen Berge der Lofoten karg und trist empor. Lange Zeit wurde der hohe Norden immer wieder als lebensunfreundliches Land dargestellt – ein Bild, das die Norweger schnell widerlegen können. Die Inselgruppe mit den bunten Fischerdörfchen ist trotz der nördlichen Lage für ihr ganzjährig mildes Klima durch die Ausläufer des Golfstroms bekannt. So wachsen hier wilde Kräuter und kostbare Moltebeeren.
Ziel der Hurtigruten ist Kirkenes. Das Nordkap ist das nördlichste Ende Europas, an dem Touristen vorbeikommen.
Wie schmeckt Norwegen eigentlich?

Auf den Hurtigruten stehen, neben den Polarlichtern, ganz klar kulinarische Exkursionen im Fokus. Serviert werden Bergener Fischsuppe, Aquavit Eiscreme und frischer Fisch aus der Fossen-Region.
Während der Schiffsreise kommen die Gäste in den Genuss vieler Spezialitäten, die an der norwegischen Küste zu finden sind. Auf der Hurtigrute soll
einem der Geschmack Norwegens vermittelt werden. So werden hier Menüs kreiert mit den Zutaten von kleinen Lieferanten. Über 80% der Speisen und Getränke, die an Bord serviert werden, werden in Norwegen hergestellt. Neben dem Frühstück und Mittags- Buffet ist das abendliche Drei-Gänge-Dinner das kulinarische Highlight des Tages. An zugewiesenen Tischen mit gestärkten Tischdecken, auf denen sich poliertes Besteck und schicke Gläser aneinanderreihen, werden den Gästen die Gänge serviert. So genießen die Passagiere hier Köstlichkeiten wie Bergener Fischsuppe mit Seelachs, Aquavit-Eiscreme von der Hofmolkerei Gangstad Gårdsysteri oder Fjord-Lachs in Erlenholz geräuchert – fangfrisch aus der Fossen-Region.

Mit Glück mischen sich in das anfängliche zarte grüne Schimmern in das Smaragdgrün auch noch Rot und Blau.
Die Wikinger glaubten, Polarlichter seien Zeichen für große Schlachten, die irgendwo auf der Welt geschlagen wurden.
Der hohe Norden
Am sechsten Tag ist das Ende Europas in Sicht: das Nordkap oder eigentlich Knivskjellodden. Egal, denn beide enden in der Barentssee. Hier ist auch bald das Ziel auf der nordgehenden Route erreicht. Immer wieder haben die Passagiere die Möglichkeit, kurz an Land zu gehen, um sich die Hafenstädte anzuschauen oder bei Ausflügen, unvergessliche Abenteuer zu erleben wie etwa das Mitternachtskonzert in der Eismeerkathedrale in Tromsø oder während einer Hundeschlittenfahrt die arktische Wildnis bei Kirkenes zu erkunden – dem nördlichsten Punkt auf der Route.
Zurück in den Heimathafen
Mit dem Erreichen von Kirkenes geht es wieder südwärts, um die restlichen Häfen anzusteuern. Viele nutzen die letzten Tage für etwas Entspannung im Whirlpool auf dem Außendeck oder in der Sauna. Ein kleines Fitnessstudio soll vermutlich die schweren Konsequenzen der genussvollen Tage abfangen oder dem schlechten Gewissen entgegenwirken, wenn ein zweiter Gang zum Dessert-Buffet eingelegt wurde mit traditionellem Kvæfjord Cake, Marzipantorte, Reispudding und anderen Leckereien. Neben dem einen oder anderen Kilo mehr auf den Rippen sind es aber vor allem volle Speicherkarten mit fantastischen Fotos sowie eindrucksvolle Erlebnisse, die der Seefahrer von den Hurtigruten mit nach Hause nimmt.